Das Märchenschloss
Text und Musik: Claudia Mitscha-Eibl


Vor meinem Fenster, da steht ein Märchenschloss, seine Türme schau’n ins Land.
Am Eingangstor blasen Spielleut’ hoch zu Ross die Fanfare zum Empfang.
Die stolzen Stiegen wissen von Siegen,
du steigst empor und hoffst auf reichen Lohn.
Doch das Gemäuer ist nicht geheuer,
wer es betritt, kommt nicht ungeschor’n davon,
denn im Thronsaal drin, da regiert die Königin,
und die will alles von dir haben!
Und die Prinzessin hält den Frosch auf ihrem Schoß
und wirft den Prinzen an die Wand.

In diesem Schloss, seine Türme schau’n ins Land, wartet eine Märchenwelt.
Die gute Fee reicht dir freundlich ihre Hand, wenn sie sich zu dir gesellt.
Die schönste Zofe am ganzen Hofe
nimmt dich diskret in ihre Kammer mit,
doch vor der Türe wacht die Walküre
und wehret deinem allzu forschen Schritt.
Nimm dich bloß in Acht, wenn die alte Hexe lacht -
die steckt den Hänsel in den Ofen!
Und die Prinzessin wirft den Prinzen an die Wand,
bis er als Frosch herunterfällt.

Zu diesem Schloss kommen Gäste für und für, wie’s so in den Märchen geht.
Da kommen Gaukler, Jongleur und Kavalier, Straßenräuber und Prophet.
Und alle stürmen gleich zu den Türmen
und werben um die Hand der Königin,
jedoch dort oben gibt’s schwere Proben,
wer nicht besteht, landet tief im Kerker drin!
Ob wohl einer find’t das verwunschne Königskind,
das wartet weinend auf Erlösung...?
Und die Prinzessin setzt den Prinzen vor die Tür
und nimmt den Frosch mit sich ins Bett.

Vor meinem Fenster, da steht das Märchenschloss, seine Türme schau’n ins Land.
Hab ich die Märchen satt, was mache ich dann bloß?
Ich nehm den Spiegel von der Wand.

Und die Prinzessin ist den Prinzen endlich los, hat sich ein wenig selbst erkannt.

©2004 Claudia Mitscha-Eibl, A-2100 Korneuburg

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